Bericht: Jutta Syberberg
Fotos: Marianne Böhne
Mal etwas „Kantiges“
Am 21. Februar waren wir, die Gruppe „Kunst und Kultur“ in der Bundeskunsthalle Bonn, wo aktuell, aus Anlass von Immanuel Kants 300. Geburtstag die Ausstellung „Kant und die offenen Fragen“ stattfindet.
Anders als bei anderen Touren bestimmten diesmal nicht so sehr die möglichen Launen des Wettergottes unsere Planung, sondern unser Wunsch und Wille, einen ÖVP-streikfreien Tag zu erwischen, was zum Glück auch hervorragend gelang!
Ein weiteres Ziel war, nach der Führung und Ausstellungsbesichtigung etwas schlauer als vorher zu sein, was die grundlegenden Ideen Kants betrifft. Und auch dies dürfte m.E. geklappt haben, da unser Museumsführer Kants teilweise doch recht „vertrackt“ anmutenden Theorien sehr gut und mit praktischen Beispielen erklären konnte.
In der Ausstellung gab es, da ein Philosoph nicht durch dargestellte Kunst punktet, sondern durch Ideen und Worte, und der Ausstellungsbesucher somit mit viel Text konfrontiert wird, viel zu lesen. Dennoch haben die Kuratoren der Bonner Ausstellung es geschafft, die visuellen Bedürfnisse derselben zu bedienen und z.B. durch an die Wand projizierte Zeichnungen Kants Leben und Wirken in Königsberg zu beleben. Darüber hinaus gibt es verschiedene (z.T. interaktive) Installationen und Exponate, die seine Ideen darzustellen. So sieht man z.B. eine sehr große Personenwaage, die anzeigt, dass der Mensch nicht in Kilogramm messbar ist, sondern anhand seiner Würde. Ein Lampenexponat soll den Begriff der Aufklärung symbolisieren u.v.m.
Immanuel Kant ist aus heutiger Sicht ein bedeutender Vertreter der Aufklärung, der sich mit der Bearbeitung der Fragen „Was kann ich wissen?“ - „Was soll ich tun?“ - „Was darf ich hoffen?“ und „Was ist der Mensch?“ befasst hat.
Die Quintessenz seiner Überlegungen ist, wenn ich es richtig verstanden habe, dass der Mensch, aufgrund seines Erkenntnisvermögens und seinen Erfahrungen, bestimmte Ordnungskriterien entwickelt (bzw. entwickeln kann, soll, oder muss??) mit deren Hilfe ein menschliches und soziales Miteinander über Grenzen hinaus ermöglicht werden könnte.
Grundsätzlich solle ein jeder nach eigenem Gewissen und in Übereinkunft mit seinen eigenen Moralvorstellungen so handeln, dass sein Handeln nicht das eines anderen einschränkt oder verletzt.
Kants Schrift „Vom ewigen Frieden“ bildete eine der Grundlagen der UN-Charta. Seiner Zeit geschuldet (?) sah Kant aber die Führungsposition eines vernunftgeleiteten Systems (immer noch) bei einem männlichen Vertreter der weißen Rasse“, weshalb ihm gelegentlich auch noch Rassismus vorgeworfen wird. Hier müssten nicht nur Mister Donald Trump, sondern auch Gaspadin* Putin gehörig die Ohren geklingelt haben, den beiden aktuell wohl bestgehassten „alten weißen Männern“.
Was Putin angeht, der sich als „Kantianer“ darstellt, ist Kant aufgrund seiner Herkunft in Königsberg (heute Kaliningrad) ein Russe und somit heute ein Teil des russischen Kulturerbes. Infolgedessen soll der 300. Geburtstag des Aufklärers in diesem Jahr auch entsprechend zelebriert werden! (Skeptiker mögen sich allerdings fragen, ob Putin Kants Schriften tatsächlich gelesen und verstanden hat, aber dies nur nebenbei erwähnt).
Kant (aus russischer Sicht Gaspadin Kant) hätte sich ob dieser Ehrung sicherlich im Grabe umgedreht!**
*russisch für „Genosse“, auch als Anrede (Herr...) genutzt.
** meine sicherlich sehr laienhafte Darstellung erhebt keinen Anspruch auf absolute Korrektheit